Stahlberger

Line-Up:
Stahlberger
Lorraine92
Afterparty: Bit-Tuner

Was ist eigentlich mit dem Wetter, wenn die Stahlberger kommen. Regnet es und alles bleibt trocken, oder wird alles einfach umso nasser? Sonnenfinsternis über dem Salzsee und ein paar flugfaule Flamingos im Hintergrund – so stehen sie auf der Bühne. Eigentümlich selig, behangen von Wollpullis oder synthetischen Hemdchen. Wie latent aus der Form gelaufene Chorknaben, aus der Kapelle getürmt – hineingeworfen in diese bestmögliche aller mürben Welten. Und singen ihre verwegenen Liedchen, vom Kleinen ins Ungefähre und bis exakt darüber hinaus. Angst und bang wird einem da, wie es die Verhältnisse durchschüttelt, wie im Sturm – aber das Liebe klammheimlich kleben bleibt. Mindestens für einen Konzertabend. Das Vorglühen dazu mit Lorraine 92 aus Genf, taucht uns in ihr impressionistisches Pastell, von unter dem Duvet bis zur Schlafzimmerdecke: Tagträume auf blauem Grund, zwischen Sprachnachrichtenfetzen, Juno-reloaded, Pastiche-spätmodern, Software-Education-Automatique und das Effektgerät hallt auf maximum Deleuze. Und brutal Tango hintenraus, der Bituner Bébés, wechselt von der Stahlberger Bassgitarre zur DJ Kanzel. Und Blitz, und Donner.

Concerto Indie Rock

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Sabato 21 Maggio 2022

Dachstock – Bern

  • Le porte aprono a:
    20:00
  • L'evento inizia alle:
    21:00
Organizzato da: Dachstock
Pubblica su:
Stahlberger

Stahlberger

Wenn ein Rock-'n'-Roll-Sänger einer ist, der nie ganz zu denen gehört, für die er singt: Dann ist Manuel Stahlberger ein grosser Rock-'n'-Roll-Sänger. Und das, obwohl er am Mikrofon weder punkrockt noch sonstwie komisch rummacht, sondern im - wenn es sowas gibt: Tonfall von Buster Keaton seine Lieder spricht-slash-singt. Aber es ist eben so, dass er in diesen Songs sein Publikum und noch seine notorischsten Fans immer auch befremdet. Und das auf die freundlichste und verständlichste Weise notabene, nämlich in einem schönen St. Galler Dialekt.

Wie strub und unheimlich einem die vertraute Umgebung sein kann, das ist für Stahlberger und die gleichnamige Band seit dem Titelstück ihres ersten Albums («Rägebogesiedlig», 2009) klar. Und jetzt also «dini zwei Wänd». Wo diese zwölf neuen Lieder herkommen, herrscht Durchzug. Es ist ein Durchzug des Unbegreiflichen, des unfertig Erzählten, des Unheimlichen. Das erzeugt Albdruck, wie im eröffnenden «Iisfäld». Das ist himmeltraurig, wie in «Chline Fisch», das vom Weltverlust im Alter erzählt. Das ist hochnotkomisch, wie die Geschichte vom «Stadtyeti», der sich in das Phantom verwandelt, das er jahrelang gesucht hat. Und das trifft wohl noch so manchen in der eigenen Biografie, wie in «Chline Kreis» ein enger, kleiner Freundeskreis um sich selbst kreist, bis ihn die Fliehkraft raus aus dem Höck und in alle Richtungen hinaus in die Welt drängt. Dazu das Tackern einer Gitarre, schweifende Synthesizer und dann ein energischer, verzerrter Puls. Ein Popsong, der auch Clubtrack ist. Wenn die kleine Welt in diesen Songs ins Taumeln gerät, dann liegt das also auch an der eigentlich doch sehr tanzbaren Musik.

Und die Songs verschweigen nicht, wie schön und befreiend so ein Taumel sein kann. In «Über Nacht isch en Sturm cho» hat ein Wind die ganze Stadt durcheinander gebracht, und der Sänger sucht neue Wege und Strassen. Es ist ein Albtraum, aber mit utopischer Note: «Alles ghört jetzt allne / Alles isch neu sortiert.» Es zeigt sich eine Stadt voller neuer Möglichkeiten - und wo gibt es denn noch solche Städte (es sei denn, man wäre ein Migrant)? So stellen sich Stahlberger neben ihre Heimat, ohne sie verlassen zu müssen. Sie lassen sie anders aussehen. Sie führen durch ihre unbekannten Türen und unbekannten Gänge, die sich in vielen dieser Songs öffnen. Sie lassen sie anders klingen, elektronischer als die meisten Mundartlieder jedenfalls, geerdet in griffigen Grooves, aber verschliffen und verweht in ihren abstrakten, in monatelanger Arbeit erfundenen, geschnittenen und arrangierten Sounds. So wird das Vertraute neu aufgeladen, mit neuen Tönen, neuen Gefühlen, neuen Unsicherheiten - und mit diesem sanften und immer leise erstaunten Gesang. Und man versteht: Ganz erstaunlich und unbegreifbar, das ist nicht nur die grosse globalisierte Welt da draussen; unbegreifbar und ungewischt, das ist auch die kleine Welt vor der eigenen Tür. Irgendwo da ist Rock 'n' Roll. Wir müssen ihn nur finden.

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